Das musikalische Erbe der Reformation
Augsburg, 14.-16.06.2017
Von Ute Evers, Augsburg – 19.12.2017 | Die Tagung im Augsburger Zeughaus wurde organisiert von Franz Körndle (Universität Augsburg), Moritz Kelber (Universität Salzburg), Grantley McDonald (Universität Wien) und Alanna Ropchock (Shenandoah University), unterstützt von der Universität Augsburg, der Gesellschaft der Freunde der Universität Augsburg und dem Verein „Klostermusik in Schwaben“.
Nachdem die Tagung mit einem abendlichen Vortrag von Wolfgang Augustyn (Zentralinstitut für Kunstgeschichte München) zum Thema „Glanz und Zweifel – Augsburg im Zeitalter des Umbruchs“ eröffnet worden war, begann der nächste Tag mit einem Beitrag von Alanna Ropchock (Shenandoah University) über polyphone Messvertonungen im frühen Luthertum aus Sachsen und Thüringen. Anschließend sprach Scott Edwards (Universität Wien) über lateinische Kompositionen Ludwig Senfls in gedruckten Sammlungen aus Eger (Cheb) und Joachimsthal (Jáchymov). Megan Eagan (East Carolina University) analysierte die Textquellen für Psalmmotetten aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Vorträge von David Burn (KU Leuven) und Grantley McDonald (Universität Wien) beschäftigten sich mit Philipp Melanchthon: Burn sprach über Kompositionen, die Melanchthon gewidmet wurden, und McDonald über dessen Schriften zur Musik. Die Vormittagssitzung endete mit einem Beitrag von Henry Hope (Universität Bern) über die Geistlichen Ringeltentze Valentin Voigts (1550).
Die nächste Sitzung war den Reformationsjubiläen 1617, 1717 und 1817 gewidmet, die von Beat Föllmi (Universität Straßburg), Joachim Kremer (Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart) und Sascha Wegner (Universität Bern) vorgestellt wurden. Musik in den Reichsstädten Augsburg und Regensburg war das Thema der letzten Sitzung des Tages: Barbara Eichner (Oxford Brookes University) sprach über die nach der Anfangszeit der Reformation wieder erstarkende musikalische Tradition in Augsburger Männer- und Frauenklöstern, die ab der Mitte des 16. Jahrhunderts auch polyphone Musik einführten. Francesco Pezzi (Universität Augsburg) stellte die Musikaliensammlung Adam Gumpelzhaimers vor, der als Kantor von St. Anna stets die neuesten italienischen Musikalien erwarb, darunter auch die Hymnenvertonungen Palestrinas. Katelijne Schiltz (Universität Regensburg) erläuterte anhand der protestantischen Schulordnungen des Gymnasium poeticum die Bedeutung der Musik im schulischen Kontext für die Reformation in Regensburg und stellte auch die Verbindungen vor, die in andere protestantische Städte bestanden. Abschließend sprach Moritz Kelber (Universität Augsburg) anhand einiger Fallbeispiele über die Soundscapes in Augsburg während der Reformationszeit.
Der zweite Tag begann mit zwei Vorträgen zu Instrumenten: Erich Tremmel (Universität Augsburg) sprach über Lautensätze lutherischer geistlicher Lieder in Sammlungen mit Lautenmusik aus dem 16. Jahrhundert. Franz Körndle (Universität Augsburg) stellte Berichte über Orgelzerstörungen im Zuge der Reformation vor und fragte nach dem Wahrheitsgehalt dieser Darstellungen. Der Vortrag von Klaus Wolf (Universität Augsburg) befasste sich mit Musik in Dramen und geistlichen Spielen aus Schwaben. Zu Beginn der letzten Sitzung der Tagung sprach Marianne Gillion (Universität Salzburg) über lateinische liturgische Gesänge in lutherischen Quellen sowie deren deutsche Versionen und verglich dabei die lutherischen Melodiefassungen mit katholischen liturgischen Büchern. Christine Roth (Universität Heidelberg) zeigte anhand der Vorreden der Gesangbücher von David Chytraeus und Franz Eler, wie es im späten 16. Jahrhundert zu einer protestantischen Identität und Traditionsbildung kam. Zum Abschluss der Tagung sprach Christian Leitmeir (University of Oxford) über die interkonfessionelle Rezeption konfessioneller Musik und zeigte dabei, dass die in der Musikgeschichtsschreibung strikt getrennten Sphären nicht der Wahrheit entsprechen.
Eine Veröffentlichung der Vorträge ist geplant.