„Klavierbearbeitung im 19. Jahrhundert"
Köln, 23.11.2012
Von Michaela G. Grochulski, Gelsenkirchen – 17.01.2013 | Veranstaltet von der Robert-Schumann-Forschungsstelle Düsseldorf (Klaus Wolfgang Niemöller) in Verbindung mit der Hochschule für Musik und Tanz Köln (Arnold Jacobshagen) und dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln (Frank Hentschel) fand im Auditorium der Fritz Thyssen Stiftung Köln am 23. November 2012 ein Symposium mit Konzert zum Thema »Klavierbearbeitung im 19. Jahrhundert« statt. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlich relativ wenig beachteten Klavierauszug und seiner Bedeutung für die Aufführungspraxis. Gegliedert war das Symposium in drei Sektionen und einen den wissenschaftlichen Teil abschließenden Round-Table.
In seinem Grußwort verwies Jürgen Chr. Regge auf die seit nunmehr fünfzig Jahren bestehende Reihe der Fritz Thyssen-Stiftung zur Musik des 19. Jahrhunderts. Arnold Jacobshagen und Klaus Wolfgang Niemöller stellten die Bedeutung des Klaviers als Universalinstrument des 19. Jahrhunderts heraus und formulierten die Leitfragen des Kongresses, nämlich inwieweit der Klavierauszug eine eigenständige Quelle darstelle und ob er grundsätzlich ein Arrangement sei. Mit diesen Überlegungen verbanden sich beim Kongress auch terminologische Fragestellungen.
Sektion I behandelte terminologische Fragestellungen zur Klavierbearbeitung als Jahrhundertphänomen. Helmut Loos (Leipzig) widmete sich der Terminologie der Klavierbearbeitung im 19. Jahrhundert und setzte sie in Bezug zum musikästhetischen Denken der Romantik am Beispiel des Gegensatzpaares Robert / Clara Schumann und Franz Liszt. Arnfried Edler (Hannover) beschäftigte sich mit dem orchestralen Klavier und ging dabei auf die Geschichte dieses Gedanken von Lully bis Alkan ein, wobei er auf den Zusammenhang zwischen der jeweiligen ästhetischen Grundhaltung, der musikalischen Literatur und der Entwicklung im Klavierbau verwies.
Sektion II – Klavierbearbeitung bei Robert Schumann – wurde durch ein Referat von Ute Scholz (Zwickau) eröffnet. Sie ging der Frage nach dem Quellenwert und der Edition von Klavierauszügen im Rahmen der Neuen Schumann Gesamtausgabe nach. Dabei maß sie Robert Schumanns Klavierauszügen einen hohen Stellenwert bei, der es rechtfertige, sie in die Gesamtausgabe zu integrieren. Gesa Dollinger (Würzburg) setzte sich mit der ursprünglichen Klavierfassung von Robert Schumanns »Der Rose Pilgerfahrt op. 112« auseinander und widerlegte das bis heute gängige Vorurteil, der Komponist habe einen Klavierauszug des Werkes geschrieben. Michael Beiche (Düsseldorf) beschloss die Sektion mit einem Referat über den speziellen Fall der Klavierfassung von Schumanns ursprünglich als Quintett für zwei Klaviere, zwei Violoncelli und Horn gedachten »Andante und Variationen op. 46«. Der Referent verglich die beiden Fassungen und belegte eine deutliche Kürzung des Quintetts sowie zahlreiche kleinere Änderungen.
Die dritte Sektion widmete sich dem Themenkomplex der Klavierbearbeitung und Virtuosität bei Meyerbeer, Liszt und Wagner. Matthias Brzoska (Essen) eröffnete diesen mit einem Beitrag über »Ein ›Klavierauszug‹ ohne Originalpartitur: Die zweite Auflage des Klavierauszugs der Oper Le Prophète von Giacomo Meyerbeer«. Der Referent berichtete über die Edition der höchst umfangreichen Partitur anhand des Vergleichs von Stimmen und dem in zwei Auflagen erschienenen Klavierauszug sowie dessen Bedeutung. Detlef Altenburg (Weimar) setzte sich mit »Liszts Kosmos Klavier – Die ›partitions de piano‹ und die Liedtranskriptionen und ihre Bedeutung für die Klaviertechnik sowie den Klavierbau des 19. Jahrhunderts« auseinander. Den Abschluss der Sektion bildete Jürgen Schaarwächter (Karlsruhe) mit einem Referat über »Schutzfristen und Verlagspolitik«. Speziell beschäftigte er sich mit Max Regers Wagner-Bearbeitungen für zwei Klaviere, die aus urheberrechtlichen Gründen nicht alle veröffentlicht werden konnten.
Ein Roundtable unter dem Motto »Der Klavierauszug: Probleme – Entdeckungen – Methoden« beschloss den wissenschaftlichen Teil des Kongresses. In jeweils knapp zehnminütigen Statements brachten Bernhard R. Appel (zu Beethoven), Markus Bandur (zu Carl Maria von Weber), Katrin Eich (zu Brahms), Armin Koch (zur synoptischen Darstellung zwei- und vierhändiger Klavierauszüge am Beispiel von Schumanns Ouvertüren), Hiromi Hoshino (zu Mendelssohn und seiner Rezeption in Japan) und Klaus Wolfgang Niemöller (zu Weber-Mahler-Brecher und einem Klavierauszug des Oberon mit handschriftlichen Eintragungen) ihre Themen diszipliniert auf den Punkt.
Das von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Symposium wurde durch ein Konzert beschlossen. Unter dem Titel »Das Klavier als Orchester« präsentierten Studierende und Absolventen der Klavierklassen der Hochschule für Musik und Tanz, Köln, und der Folkwang Universität der Künste, Essen, ihre Beiträge, die jeweils durch kurze Erläuterungen der entsprechenden Referenten des Kongresses eingeleitet wurden. Das Konzert bildete eine thematisch wie musikalisch sehr gelungene Ergänzung und Abrundung der Tagung.
Eine Publikation der Beiträge ist in der Reihe der Schumann-Forschungen geplant.