Gu­s­tav Mah­lers Klang: Zwi­schen Schaf­fen­s­pro­zess, In­ter­pre­ta­ti­on und Re­zep­ti­on

Internationales Symposium. Gustav Mahler Research Centre Toblach

Italien, 17.-20.07.2024

Deadline: 31.05.2023

Grand Hotel Toblach (Südtirol, Italien)

Der Klang von Gustav Mahlers Musik – ihr idiosynkratischer „Ton“ – ist unverwechselbar. Im kammermusikalischen Lied oder im groß besetzten Orchester (erweitert durch Chor und Solist*innen), auf Tonträger wie im Konzert evoziert er die Zeit seiner Entstehung: das Fin de siècle, die Wiener Moderne und ihre gesellschaftlichen Bruchlinien. Dieser Klang öffnet damit auch eine Fülle an musikhistorischen, musikanalytischen, intertextuellen und kulturellen Dimensionen, die in der Vielzahl miteinander verwobener Aspekte schwer zu fassen sind. Ein multiperspektivisches Vorgehen scheint geboten, will man ein Phänomen besser verstehen, das auf charakteristische Weise zwischen den Dimensionen der Komposition, der Aufführung und Interpretation sowie der hörenden Rezeption verortet ist. Das Ziel dieses Internationalen Symposions ist es, die an Mahlers Klang interessierten Forschungsperspektiven in einen Dialog zu bringen und damit gleichzeitig auch neue Ansätze der Analyse und der historischen und kulturwissenschaftlichen Interpretation zu entwickeln. Vier Sektionen setzen thematische Schwerpunkte in den Bereichen Klanganalyse, Quellen und Schaffensprozess, Interpretationspraxis und -geschichte und Mediatisierter Klang.

Sektion 1: Klanganalyse

Die Sektion geht zwei Fragerichtungen nach. Zum einen wird nach Ansätzen der musikalischen Analyse gesucht, die kompositionsgeschichtliche und -technische, ästhetische sowie performative Dimensionen des instrumentalen, orchestralen und vokalen Klangs untersuchen, ohne dabei die traditionelle Perspektive struktur- und formanalytischer Methoden aus dem Blick zu verlieren. Zum anderen soll es darum gehen, an Beispielen aus Mahlers Werken Ansätze einer kulturwissenschaftlichen Klanganalyse auszuloten.

Mögliche Themen:

  • Historische Kontextualisierungen: Oper, Sinfonie, Lied, musik- und klanggeschichtliche Tendenzen (Militärmusik, Volksmusik, populäre Musikformen etc.)
  • Methoden, Ansätze und Beispiele einer klangbezogenen Analyse von Mahlers Werken
  • Kulturanalyse und/als Klanganalyse: Soundscapes, Natur/Urbanität und deren musikalische Imagination, Klang und Ethnizität, Klassenzugehörigkeit, Gender-Identitäten, Moderne/Modernitätsbewusstsein, Globalisierung

Sektion 2: Quellen und Schaffensprozess

Die Sektion begreift Klang als Produkt von Mahlers spezifischer Schaffensweise. Was lässt sich mit den Mitteln der Philologie und der genetischen Kritik über die Entstehung der Mahler’schen Klangwelten lernen? Inwiefern und wie genau lässt sich anhand werkgenetischer Quellen die musikalische Lebens- und Arbeitswelt rekonstruieren, in der sich Mahlers klangliche Imagination ausbildete?

Mögliche Themen:

  • Quellen, Quellentypen, genetische Kritik
  • Stadien der kompositorischen Arbeit am Klang (Skizze – Autograph – Stadien der Druckausgaben – Revisionen und Editionsgeschichte)
  • Der Komponist als Interpret – der Interpret als Komponist
  • Intertextuelle Horizonte: Mahlers Repertoire, Mahler als Hörer

Sektion 3: Interpretationspraxis und -geschichte

Die Erfahrung von Mahlers Klang setzt seine Vergegenwärtigung in Aufführungen voraus. In der mittlerweile mehr als ein Jahrhundert umfassenden Aufführungsgeschichte veränderten sich aber auch seine Erscheinungsformen. Die Sektion versucht Orientierungspunkte und methodische Werkzeuge für dieses riesige und weiter wachsende Forschungsgebiet auszumachen.

Mögliche Themen:

  • Wesentliche Prozesse und bestimmende Persönlichkeiten der Mahler-Interpretationsgeschichte
  • Revisionen und Retuschen Mahlers und anderer Dirigent*innen: „Eingriffe“ ins Werk
  • Dirigierpartituren und Stimmenmaterial als Quellen der Interpretationsgeschichte
  • Korpusstudien zur Interpretationsgeschichte auf Basis von Tonaufnahmen
  • Einzelstudien zu Dirigent*innen und/oder Orchestern: spezifische Orchestertraditionen als „invented traditions“?

Sektion 4: Mediatisierter Klang

Diese Sektion wird das Symposion mit der Diskussion medien- und hörgeschichtlicher Ansätze abrunden. Mahlers Klang ist nicht zuletzt ein Phänomen der Rezeption. Die Geschichte des Mahler-Hörens ist aber auch die Geschichte der Medien (im weitesten Sinne), die das Hören in unterschiedlichen Situationen und Modalitäten ermöglichen und rahmen.

Mögliche Themen:

  • Die historische Entwicklung der Aufnahmetechnik und der Klangästhetik und ihre Wechselwirkung mit der Mahler-Rezeption
  • Geschichtliche Stationen und Situationen des Mahler-Hörens in Konzert und auf Tonträgern
  • Bearbeitungen als „Mediatisierungen“ von Mahlers Werken
  • Studioproduktion, Arbeiten am Klang im Studio: Tonmeister als Interpreten?
  • Die Vermarktung von Mahlers Klang

Das Symposium ist eine Kooperation des 2020 gegründeten Gustav Mahler Research Centre Toblach (https://mahler-centre.net/our-mission) und des Grazer Forschungsprojekts „Multiple Dimensions in Performances of Mahler’s Symphonies“ (https://institut1.kug.ac.at/mahler), gefördert vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF. Veranstaltungsort ist das Euregio Kulturzentrum Gustav Mahler Toblach (https://www.kulturzentrum-toblach.eu/de/willkommen-bei-uns-1.html).

Einreichung von Abstracts

Abstracts (in deutscher oder englischer Sprache) für Vorträge zum Symposium zu max. 500 Worten (mit Nennung der Sektion) und eine Kurzbiographie zu max. 100 Worten müssen als Word-Dokumente (docx) bis spätestens 31.5.2023 eingereicht werden an: musikwissenschaft@uni-bonn.de. Die Auswahl der Abstracts erfolgt durch eine Jury, der die beiden Symposiumsleiter und führende Mahler-Forscher*innen angehören. Eine Verständigung über die angenommenen und abgelehnten Beiträge erfolgt bis 30.6.2023. Die Kosten für die Teilnahme am Symposium müssen von den Vortragenden selbst getragen werden, Zuschüsse für Teilnehmer*innen sind aber möglich, wenn keine andere Möglichkeit der Reiseförderung besteht.

Leitung

Tobias Janz (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
Christian Utz (Universität für Musik und darstellende Kunst Graz)