Kunstberufe: Wissen und Arbeiten in Theater und Musik seit dem 19. Jahrhundert
Berlin, 11.-12.07.2024
Neue Deadline: 31.03.2024
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Sowohl Konzepte von Arbeit als auch von Wissen sind für das Feld der Künste in den letzten Jahren auf vielfältige Weise thematisiert worden. Im Vordergrund standen dabei häufig Fragen nach dem grundsätzlichen Verhältnis von Kunst und Arbeit, der Künstler:innenfigur als Paradigma neuer Arbeitswelten sowie in kritischer Perspektive Arbeitsverhältnisse in den Künsten. Kultur- und sozialhistorische Arbeiten zu künstlerischen Berufen konzentrierten sich indes vor allem auf solche Berufe, die maßgeblich Ideen von Künstlertum und -habitus geprägt haben, etwa Maler:innen, Komponist:innen, Musiker:innen, Schauspieler:innen etc. Wissensformen oder Wissensproduktion in den Künsten werden hingegen häufig als epistemisches Potential diskutiert, das der Kunst als solcher und unabhängig von den institutionellen, sozialen und ökonomischen Kontexten, in denen Künstler:innen tätig sind, zukomme.
Auf der Tagung möchten wir dagegen die Entstehung von Berufen und Berufsbildern im Feld der Künste in den Blick nehmen und im Rahmen einer wissensgeschichtlichen Perspektive an Beispielen aus den Bereichen Musik und Theater diskutieren: Was ist berufsspezifisches Wissen in diesen Künsten und unter welchen historischen Bedingungen bildet es sich heraus? Welche kunstbezogenen Wissensbestände und Wissensordnungen entstehen im Zuge der Ausdifferenzierung künstlerischer Berufe und Arbeitskontexte seit dem 19. Jahrhundert und mit welchen Kunstauffassungen wird dabei operiert? Welche Rolle spielt die Herausbildung eines solchen „Berufswissens“ für die öffentliche Legitimierung einzelner Berufsgruppen? Inwiefern lassen sich die Entwicklungen in verschiedenen künstlerischen Bereichen als (mehr oder weniger vollständige) Professionalisierungsprozesse beschreiben? Welche staatlichen, künstlerischen, ökonomischen oder berufsständischen Interessen verbinden sich mit der Propagierung und Kodifizierung bestimmter Wissensbestände und Wissensansprüche? In welchem Verhältnis stehen das professionelle Selbstverständnis von Berufsgruppen und die Institutionalisierung sowie Akademisierung des Ausbildungs- und Zertifizierungswesen in den Künsten?
Vor diesem Hintergrund freuen wir uns besonders über Beiträge zu folgenden Themenkomplexen, bei denen explizit auch Berufe aus den Bereichen Technik, Pädagogik und Verwaltung sowie das Verhältnis zu anderen Wissensbereichen wie Industrie und Dienstleistungssektor im Fokus stehen können (z. B. Theatertechnik, Agenturwesen, Instrumentenbau, Kunstvermittlung):
- Wissensordnungen und -systematiken: Entwicklungen von berufsrelevanten Ordnungssystemen, Dynamiken der Valorisierung und Devalorisierung von Wissenssystemen und deren (institutionelle) Be- und Entgrenzung, sich wandelnde Verhältnisse von Theorie und Praxis
- Medien und Materialien: Wissenswandel durch Medialisierung und Medien entstehenden Berufswissens (z. B. Bedeutung von Diskursen in Fachmedien), Instrumentarien und Materialien der beruflichen Ausdifferenzierung
- Zugänge: Ausbildung, Zertifizierung und Berufsorganisationen
- Genealogien: Wissenskontinuitäten und -wandel im Kontext sich verändernder institutioneller und gesellschaftlicher Bedingungen
- Situierung und Reichweite: globaler Transfer, transnationale Zirkulation und Durchsetzung von Wissenshegemonien, Einbettung in Nationalismen, lokale Spezifiken
- Politik und Politiken: bildungs- und kulturpolitische Rahmenbedingungen für die Herausbildung von Berufswissen, Verknüpfung von spezifischen Kultur- und Gesellschaftsidealen mit beruflichem Wissen und dessen Durchsetzung
Als Vortragszeit sind 20 Minuten vorgesehen. Auch Werkstattberichte aus laufenden Forschungen und Arbeitsstände sind als Beiträge willkommen. Reisekosten können gemäß Bundesreisekostengesetz übernommen werden. Wir bitten um Einreichungen in Form eines kurzen Abstracts von 300 Wörtern mit Kurz-Vita bis zum 29.2.24 an david.hagen@bbaw.de.
Organisation: David Hagen (BBAW), Thekla Neuß (BBAW), Halvard Schommartz (Berliner Hochschule für Technik)
Kontakt: david.hagen@bbaw.de